Eine Geschichte vom Tod und von der Liebe
Als Matthias Coenen dreimal hintereinander leise ein Glöckchen klingen ließ, war das Publikum im „Blickpunkt Boxberg“ längst tief in die Geschichte eingetaucht, die Joscha Schaback in seiner ganz eigenen Art bis hierhin vorangetrieben hatte. Großflächig wurden dabei die schwarzweißen Bleistiftzeichnungen von Marek Walczak an die Wand projiziert. Während das Glöckchen läutete, erschien passend dazu ein Grabstein an der Wand, der blütenumrankt den alten Zahnarzt Forate, Protagonist des Abends, Frieden finden ließ.
Eine Wendung in einer Geschichte, die surreal düster begonnen hatte und die an dieser Stelle das Publikum innerlich aufatmen ließ. Joscha Schaback las eine Strichfassung seiner im vergangenen Jahr erschienenen Novelle und nahm das Publikum wortwörtlich mit „über den Fluss“. Er ließ es die innere Trauer des Zahnarztes spüren, der seine Frau verloren hatte, und gleichzeitig die aufgeregte Hoffnung, die Forate bei der Bekanntschaft mit einer etwas sonderbaren, aber doch irgendwie vertrauten Patientin aufleben lässt.
Die musikalischen Einlagen von Matthias Coenen verbanden die Teile der Geschichte geschickt wie passend und führten die Gedanken der Zuhörenden leichterhand in der Handlung weiter, während die hell an die Wand geworfenen Zeichnungen die Stimmung der jeweiligen Abschnitte manifestierten.
Marek Walczak hatte Originalzeichnungen der projizierten Illustrationen auf Staffeleien im Veranstaltungsraum ausgestellt. Damit konnte man schon vor Beginn der Veranstaltung einen Eindruck der später spürbar werdenden intensiven Stimmung aufnehmen, während zu dem Zeitpunkt auf der Wand noch ein Video des nachtdunklen Neckars mit auf den Wellen tanzenden Lichtsplittern lief.
Anderthalb Stunden ließen sich die drei Künstler anschließend Zeit, um den „Blickpunkt Boxberg“ mit Text, Bild und Ton intensiv zu bespielen. Ein immersives Erlebnis, das fesselte und das nach einer kurzen Pause – um Luft zu holen und etwas zu trinken – zu einem angeregten Gespräch mit den Künstlern führte. Über verschiedene Interpretationen zu einzelnen Handlungssituationen wurde dabei diskutiert und Ideen dazu angestellt. Und da Joscha Schaback die Handlung sehr realistisch in die Umgebung am Neckar und anderen Teilen der Stadt Heidelberg eingebettet hat, musste natürlich auch die Frage geklärt werden, ob es den alten „Forate“ in Heidelberg wirklich gab. Zum Ende des Gesprächs wurde vom Publikum auch gedeutet, dass „Über den Fluss“ vor allem eine Liebesgeschichte sei, über das Verarbeiten von eigener Trauer und das Erkennen der Trauer anderer. Das Künstler-Trio, das schon öfter zusammengearbeitet hat, schaffte es an diesem Abend, das Publikum tief zu berühren.
Mit ausgestellten Illustrationen von Marek Walczak und musikalischer Begleitung durch Matthias Coenen (git).

Die Novelle „Über den Fluss“ ist hier erhältlich: https://www.brotundkunst.com/ueber-den-fluss
Brot & Kunst, Umfang: 96 Seiten, Preis: 15 EUR, ISBN: 978-3-949933-14-1





















































































