Ein einziger Blick genügt, Euch auf ewig zu verderben!
Mit diesen Schlussworten gehen zwei intensive Stunden im Gemeindesaal zu Ende, die das Publikum mit auf die Reise durch das Leben des jungen Romuald mitgenommen haben. Der begegnet in der Stunde seiner Priesterweihe der wunderschönen Clarimonde und verfällt ihrer Liebe. Jahrelang soll er sich nach ihr verzehren, bis er ihr in der Erfüllung seiner Pflichten wiederbegegnet und sie in der Stunde ihres Todes durch einen Kuss wiederbelebt. Daraufhin wandelt er gleichzeitig in seiner Welt als Dorfpriester und in der höfischen Welt als Lebemann und Geliebter von Clarimonde, der großen Kurtisane und gleichzeitig einer Vampirin. Irgendwann weiß er nicht mehr, welche der beiden Welten für ihn real und welche nur ein Alptraum ist. Sein Priestervater Serapion überzeugt ihn, die Tote zu exhumieren, damit Romuald ihre wahre Gestalt mit eigenen Augen sehen und erkennen kann.
Als die Geschichte an diesem Höhepunkt angelangt ist, haben Mika und Kerstin Barton als Romuald und Clarimonde mit Frieder Kumm als Priestervater Serapion längst schon alle Zuschauenden in ihren Bann gezogen. Begleitet wurde diese Reise visuell durch eine Bilderfolge, die eine Vielzahl meist lokaler Fotografien von Rinata Wittmann und anderen Fotografen enthielten. Passend zur Geschichte erschienen sie großformatig an der Wand hinter den Vorlesenden. Eröffnet und beendet wurde dieser Abend mit der stimmungsvollen Musik des Duos Thomas Lemke (Keyboard) und Rick von Bracken (Saxophon). Doch dabei beließen sie es nicht, auch zwischen den Textteilen entführten sie die Zuhörenden immer wieder in ihre Klangwelten, die sich mit derselben Leichtigkeit wie die Fotografien in die erzählte Geschichte einwebten.
In der 1836 aus der Feder von Théophile Gautier stammenden Geschichte beendet Weihwasser, mit dem Serapion den exhumierten Leichnam besprenkelt, das Leben der (wahrscheinlich) ersten Vampirin in der Literatur endgültig. Das Publikum bedankte sich mit minutenlangem Applaus für dieses wunderbare Nachtstück.